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ARD Plusminus on E-government in Germany (8th May at 21.45):

Freifunk – Wo bleibt das Internet für alle?

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Freifunk – Wo bleibt das Internet für alle? | Video verfügbar bis 08.06.2017

Kostenloses in Netz ohne Anmeldung – das gibt es in Deutschland bisher nur in größeren Städten und auch dort meistens nur direkt im Zentrum. Immerhin: Die Bundesregierung will die so genannte Störerhaftung abschaffen, damit niemand für fremde Übeltäter haften muss. Experten sind trotzdem skeptisch, ob das schon reicht. Bleibt Deutschland beim kostenlosen WLAN-Angebot weiterhin auf dem Niveau eines Entwicklungslandes stehen?

 
Endlich auch in Deutschland überall kostenloses WLAN

Endlich auch in Deutschland überall kostenloses WLAN

Gisingen im Saarland. Knapp 800 Seelen. Sehr ruhig, wie viele andere Dörfer und Ortsteile in Deutschland. Doch es tut sich Revolutionäres. Kostenloses WLAN im ganzen Ort! Sehr wichtig für die Jugend. Denn das normale Mobilfunknetz ist hier immer noch wie ein Schweizer Käse.

 

Im ganzen Ort werden jetzt Richtfunkantennen aufgebaut. Unterstützt von der gemeinnützigen Freifunk-Initiative. Sie nutzen einen vorhandenen Internetanschluss wie in dieser Pizzeria. Der Besitzer erlaubt den Freifunkern die kostenlose Mitbenutzung. Das Signal wird verstärkt und kann von jedem gratis genutzt werden.

 

Rüdiger Dillschneider vom Förderverein Gisingen: ”Es war am Anfang sehr verhalten. Es war nur ein Teil der Leute bereit, einen Teil ihres Internetanschlusses zur Verfügung zu stellen. Aber nachdem es sich herumgesprochen hat, dass es eine positive Sache ist, hatten wir mehr Zuspruch. Aber die eigentliche richtige Welle, die fehlt eigentlich noch.”

 

Aktuell sind bundesweit rund 30.000 Gratis-Angebote installiert. Das ist zwar noch lange nicht flächendeckend. Aber trotzdem ein Erfolg. Die Freifunker engagieren sich ehrenamtlich und kommen aus allen Altersgruppen und allen Schichten der Gesellschaft.

 

Monic Meisel, Mitgründerin der Freifunk-Bewegung: ”Wir sind davon überzeugt, dass der Internetzugang oder Zugang zu Netzen ein Menschenrecht ist. Es ist die Voraussetzung, um Grundrechte wahrzunehmen, wie freie, kostenlose Mitbenutzung. Das Signal wird verstärkt und kann von jedem gratis genutzt werden”.

 

Rüdiger Dillschneider vom Förderverein Gisingen: ”Es war am Anfang sehr verhalten. Es war nur ein Teil der Leute bereit, einen Teil ihres Internetanschlusses zur Verfügung zu stellen. Aber nachdem es sich herumgesprochen hat, dass es eine positive Sache ist, hatten wir mehr Zuspruch. Aber die eigentliche richtige Welle, die fehlt eigentlich noch.”

 

Aktuell sind bundesweit rund 30.000 Gratis-Angebote installiert. Das ist zwar noch lange nicht flächendeckend. Aber trotzdem ein Erfolg. Die Freifunker engagieren sich ehrenamtlich und kommen aus allen Altersgruppen und allen Schichten der Gesellschaft.

 

Monic Meisel, Mitgründerin der Freifunk-Bewegung: ”Wir sind davon überzeugt, dass der Internetzugang oder Zugang zu Netzen ein Menschenrecht ist. Es ist die Voraussetzung, um Grundrechte wahrzunehmen, wie freie Meinungsäußerung, Kommunikations- und Informationsfreiheit, aber auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht.”

 

Störerhaftung immer noch Ärgernis

Größtes Problem beim kostenlosen WLAN: Die so genannte ”Störerhaftung”. Wenn ein Gratis-Nutzer etwas illegal hoch- oder herunterlädt, musste bisher der Besitzer des Anschlusses haften. Die Bundesregierung will das ändern. Aber – Monic Meisel, die Sprecherin von Freifunk.net Deutschland, ist da immer noch skeptisch.  ”Das Ziel war ja die Abschaffung der Störerhaftung und das Beenden dieser Abmahnwellen. Die Voraussetzung für eine Abmahnung ist der Unterlassungsanspruch, und der ist in der Gesetzesänderung nicht berücksichtigt. Wenn der nicht weggeht, dann wird sich nicht viel ändern.”

 

Auch bei Unternehmen werben die Freifunker für ihre Idee. Wie hier bei einem Treffen von Mittelständlern in Saarbrücken. Aber die Angst vor Abmahnungen oder Sicherheitsproblemen ist immer noch groß. Auch in dieser Runde sind die Meinungen sehr differenziert.

 

Beim freien WLAN hängt Deutschland erheblich zurück. In vielen anderen Länder ist der Ausbau schon viel weiter. Dass die Bundesregierung die Störerhaftung gelockert hat, das liegt vor allem am Druck der EU und einer aktuellen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes. Es gibt reichlich Nachholbedarf.

 

Deutschland hinkt um eine Generation nach

Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer der Bitkom: ”In Großbritannien gibt es 15-mal so viel freies WLAN wie in Deutschland. Hier haben wir einen Rückstand. Und dieser Rückstand ist sehr bedeutend, und er behindert uns auch am wirtschaftlichen Fortkommen.“

 

Auch der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer, Dr. Achim Dercks, beklagt den deutschen Rückstand. „Im internationalen Vergleich sind wir bestenfalls Mittelmaß. Wir haben einen Anteil von Glasfasernetzen, der unter zwei Prozent liegt. Im europäischen Durchschnitt sind wir bei fast 20 Prozent. Das zeigt, dass wir hier richtig Nachholbedarf haben, um nicht abgehängt zu werden.”

 

Was alles möglich ist, macht das kleine Estland vor. Der Baltenstaat hat sein Netz sehr früh massiv ausgebaut und viele Verwaltungsvorgänge so vereinfacht, dass auch Kinder und Senioren gut mitkommen. Behördengänge sind kaum noch nötig. Der Politikwissenschaftler und Publizist Dr. Florian Hartleb hat hier seinen zweiten Wohnsitz und immer häufiger staunende Besucher aus Deutschland zu Gast.

 

”Digitalisierung ist hier im alltäglichen Leben angekommen. Das heißt, dass man, egal ob in der Stadt oder auf dem Land, einen schnellen Zugriff hat auf das Internet, dass man innerhalb weniger Minuten eine Firma anmelden kann, dass man hier seine Steuererklärung per Mausklick erledigt. Und das man auch online wählen kann. Hier von Estland aus betrachtet ist Deutschland doch eine ganze Generation zurück.”

 

Dabei geht es noch nicht einmal um viel Geld. In Gisingen wurden bisher gerade mal knapp 1.000 Euro investiert, die noch vom Dorffest übrig waren. Gut angelegtes Geld für die Zukunft, da sind sich alle einig.

 

Ulrike Heffinger, Ortsvorsteherin Wallerfangen-Gisingen: ”Wenn man die Jugendlichen behalten will im Dorf, dann muss man auch was bieten.”

 

Gisingen ist überall. Wenn man hier den Sprung ins 21. Jahrhundert schafft, sollte das eigentlich auch anderswo möglich sein…

 

Autor: Lars Ohlinger

 

Stand: 09.06.2016 11:17 Uhr

Link:

http://www.daserste.de/information/wirtschaft-boerse/plusminus/sendung/20160608-freifunk-100.html