Estland gilt als digitaler Trendsetter. Schon in den 1990er Jahren erkannte die Politik die Bedeutung der Digitalisierung. Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel sprach bei einem Besuch vor einem Jahr davon, man könne aus deutscher Sicht angesichts des erstaunlich entwickelten E-Government neidisch werden. Die deutsche Industrie 4.0 und das estnische E-Government wären eine perfekte Kombination. Als EU-Ratspräsident im 2. Halbjahr 2017 setzte Estland die digitale Agenda ganz nach oben. Aus diesem Anlass entstand die Idee, eine Inneneinsicht zu ermöglichen und ein internationales Seminar mit Entscheidungsträgern aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zu organisieren. 13 Parlamentsabgeordnete und Mitarbeiter mit Spezialisierung auf online-Kommunikation und social media kamen zwischen 7. und 9. Dezember nach Tallinn. Sie stammen aus fünf Ländern, neben Deutschland aus Schweden, Norwegen, Dänemark, Frankreich. Das Ziel: reale Vernetzung in der virtuellen Welt.
Skype & Co.
Estland hat gerade durch „Skype“ einen entscheidenden Impuls bekommen, da der Kommunikationsdienst dort entwickelt wurde. Der Managing Director Andrus Järg zeichnete bei einer Firmenbesichtigung den Weg nach, wie Skype, seit 2011 von Microsoft übernommen, zur weltweiten Marke werden konnte. Gerade die IT-Affinität der estnischen Regierung mache den Standort in unmittelbaren Nahbarschaft zur Technischen Universität attraktiv. Das unbürokratische Steuersystem erleichtere die Gründung von Start-ups. Anschließend erklärte Indrek Õnnik, Project Manager von E-Estonia, wie E-government funktioniert. Eine Besonderheit ist dabei die Selbstverständlichkeit, mit der das Internet im Bereich E-Commerce und E-Government genutzt wird. Es gehe um Vertrauen, schnellen Zugang und Integrität durch Cybersecurity. Er nahm auch zur jüngsten Diskussion um mögliche Hackerangriffe Stellung. Margus Simson, Start-up-Unternehmer und nun Leiter der digitalen Kanäle bei der Luminor Bank, erläuterte die Philosophie von E-Estonia. Die Automatisierung der Prozesse schreite voran, was auch den Wegfall von Jobs wie Verkäufer wie Telefon bedingt. Die Zero-Click-Mentalität bedeute auch die Bedeutung von Daten für Geschäftsmodelle. Den Innovationsgeist bestätigte ein Besuch bei der Firma Nortal, die weltweit E-Lösungen exportiert. Es wird deutlich: Estland hat keine bessere Technologie, aber die Chancen der disruptiven Geschäftsmodelle frühzeitig erkannt – auch durch politische Visionen. E-government braucht den politischen Willen ebenso wie den rechtlichen Rahmen und die Vertrauensbasis.
Links: Insight Skype
Rechts: Insight Nortal (führend für e-solutions)